Ästhetische Kategorie für Kunstwerke, deren schwarze, lichtabsorbierende Oberflächen jede Transparenz verweigern und dadurch selbst zum eloquenten Sprecher werden. Die Opazitätspoetik beschreibt eine Rhetorik der Undurchdringlichkeit, bei der die totale Schwärze nicht als Negation, sondern als positive Aussage fungiert. Während transparente Medien durchschaubar bleiben und auf etwas verweisen (etwa Fotografie, die auf die fotografierte Welt zeigt), blockiert die Opazität jeden Verweis nach außen. Man sieht nur noch Oberfläche, darunter verschwindet alles – und gerade diese Verweigerung artikuliert Bedeutung. Die Opazitätspoetik etabliert das Material als autonome Instanz, die nichts repräsentiert außer sich selbst. Sie korrespondiert mit dem Konzept der Leere (Śūnyatā) in buddhistischer Philosophie: Die schwarze Fläche wird zur Projektionsfläche für kontemplative Erfahrung, ohne selbst Inhalt zu bieten. Die Opazitätspoetik ist damit zugleich radikal materialistisch (das Bitumen bleibt stofflich präsent) und potentiell metaphysisch (die Schwärze öffnet Räume der Imagination). Sie operiert an der Grenze zwischen absoluter Präsenz und absoluter Absenz.