Die Poetik der Unvollständigkeit

Zu Sascha Büttners ephemerer Gedenkinstallation

Im Sommer 1995 passierte auf dem Wiesbadener Schlachthofgelände etwas Merkwürdiges. Während des internationalen Kunstmeetings „48h – kunst los“ verwandelte Sascha Büttner die riesige Betonfläche hinter den Hallen in einen Denkraum über Erinnerung und deren fundamentale Unmöglichkeiten, wobei seine „Installation für den öffentlichen Raum Nr. 1“ mit der bewussten Verweigerung monumentaler Gesten operierte und stattdessen eine Grammatik des Fragmentarischen entwickelte, die gerade durch ihre Zurückhaltung ihre kritische Wucht entfaltete.

Präzedenzen und Brüche

Die Titelgebung war programmatisch – „Nr. 1“ markierte einen Nullpunkt, eine Neusetzung im Umgang mit öffentlichem Raum, die sich von den etablierten Praktiken der späten 1980er radikal absetzte. Während Richard Serras „Tilted Arc“ (1981-1989) noch mit der autoritären Geste monumentaler Stahlplatten den städtischen Raum besetzte und damit letztlich seine eigene Entfernung provozierte, während Joseph Beuys‘ „7000 Eichen“ (documenta 7, 1982) die soziale Plastik als dauerhafte Transformation des urbanen Gefüges imaginierte, entwickelte Büttner eine Strategie kalkulierter Flüchtigkeit, die beide Positionen unterminierte – weder die heroische Konfrontation Serras noch die heilsversprechende Permanenz Beuys‘, vielmehr eine Poetik des Verschwindens, die ihre eigene Autorität von vornherein suspendierte.

Die deutschen Gedenkdebatten der frühen 1990er waren geprägt von einer merkwürdigen Monumentomanie – Jochen Gerz und Esther Shalev-Gerz‘ „Harburger Mahnmal gegen Faschismus“ (1986-1993) versank zwar planmäßig im Boden, blieb aber in seiner zwölf Meter hohen Anfangspräsenz dem Paradigma der Sichtbarkeit verhaftet, während die zeitgleichen Planungen für das Berliner Holocaust-Mahnmal zwischen Peter Eisenmans abstrakten Stelenfeldern und anderen megalomanen Visionen oszillierten. Büttners zerstreute Pflastersteine formulierten eine radikale Alternative: Gedenkarbeit als Anti-Monument, das seine eigene Insuffizienz zum Strukturprinzip erhob.

Kontexte der Bedrohung

Die Installation materialisierte sich in einer Phase, als die gesellschaftlichen Spannungen sich verschärften und die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen (1992), Mölln (1992) und Solingen (1993) die bundesrepublikanische Selbstgewissheit nachhaltig erschüttert hatten. Das Erstarken neonazistischer Strukturen in den neuen Ländern, parallel zur Etablierung der „Republikaner“ in westdeutschen Landesparlamenten, markierte eine Zäsur, während sich gleichzeitig in der autonomen und antifaschistischen Bewegung neue Widerstandsformen formierten – militante Aktionen gegen Nazi-Aufmärsche hier, Geschichtswerkstätten zur Aufarbeitung lokaler NS-Geschichte dort.

Die Frage nach angemessenen Gedenkformen gewann in diesem Kontext neue Brisanz, zumal die staatstragende Rhetorik der „Vergangenheitsbewältigung“ angesichts brennender Asylbewerberheime und der faktischen Demontage des Grundrechts auf Asyl 1993 ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte. Die Wohlfahrtsausschüsse – antifaschistische Initiativen, die sich ab 1992 in deutschen Großstädten formierten und ihren Namen als zynische Referenz auf die revolutionären Tribunale von 1793/94 wählten – reagierten auf die wahrgenommene „große Koalition aus Parlament, Neonaziterror, Normalbürgern, Polizei und Medien“, die gemeinsam an der „Lösung der Asylantenfrage“ arbeitete. Diese Gruppen aus Musikern, Künstlern und Intellektuellen der Hamburger Schule und des Spex/Texte-zur-Kunst-Umfelds organisierten Interventionen wie die Tour „Etwas Besseres als die Nation“ durch Ostdeutschland, während Büttners Installation sich in diesem aufgeheizten Klima zwischen ritualisiertem Staatsgedenken und der akuten Gefahr eines neuen Faschismus positionierte.

Kunstfeld-Verschiebungen

Büttners Arbeit entstand in einem kunsthistorischen Moment, der von tektonischen Verschiebungen geprägt war. Die documenta X (1997) unter Catherine David würde zwei Jahre später den „cultural turn“ proklamieren und Kunst als gesellschaftliche Praxis reformulieren, während die Skulptur Projekte Münster 1997 begannen, den öffentlichen Raum als umkämpftes Terrain zu kartografieren – Büttners temporäre Intervention antizipierte diese Bewegungen, ohne sich deren institutioneller Rahmung zu unterwerfen.

Die Genealogie seiner Herangehensweise lässt sich bis zu den Situationisten zurückverfolgen, deren dérive und détournement-Strategien in Büttners zerstreuten Steinen nachhallten, allerdings ohne deren revolutionäres Pathos. Wo Guy Debord noch die „Konstruktion von Situationen“ als revolutionäre Praxis imaginierte, praktizierte Büttner eine Dekonstruktion von Situationen, die jede Totalisierung verweigerte. Die Arte Povera mit ihrer Materialsensibilität mag als entfernter Verwandter gelten, doch während Jannis Kounellis‘ Kohlesäcke oder Mario Merz‘ Iglus noch metaphysische Dimensionen evozierten, blieb Büttners Material radikal profan – Pflastersteine als Pflastersteine, ihrer symbolischen Überfrachtung entkleidet.

Die interventionistische Kunstpraxis, die sich Mitte der 1990er formierte – WochenKlausur begann 1993 ihre sozialen Eingriffe, Park Fiction würde ab 1997 die Hamburger Hafenstraße umcodieren –, fand in Büttners Arbeit einen eigenwilligen Vorläufer, dessen Interventionsgrammatik die direkte soziale Aktion zugunsten einer poetisch-kritischen Geste suspendierte, die trotzdem politisch operierte. Seine „Nr. 1“ markierte tatsächlich einen Anfang, der spätere Entwicklungen vorwegnahm und dabei deren Limitierungen bereits mitreflektierte.

Zerstreute Ordnungen

Über nahezu 6000 Quadratmeter erstreckte sich die Arbeit. 2400 Betonpflastersteine, jeder 20 x 20 x 10 Zentimeter messend, lagen über den versiegelten Boden verstreut – eine aufgelöste Konstellation, die sich als direkter Kommentar zur zeitgenössischen Debatte um „Straßenschlachten“ lesen ließ, wobei Büttner das von konservativen Medien bei Antifa-Aktionen gegen Nazi-Aufmärsche dämonisierte Bild der aus dem Pflaster gerissenen Steine in eine Meditation über unterbrochene Wege und zerstörte Kontinuitäten transformierte.

Diese formale Strategie unterschied sich fundamental von den land art-Projekten der 1960er und 70er – wo Robert Smithsons „Spiral Jetty“ (1970) noch kosmologische Ordnungen evozierte oder Walter De Marias „Lightning Field“ (1977) die Landschaft als erhabenes Theater inszenierte, arbeitete Büttner mit der Negation jeder Ordnung. Die Verdichtung der Steine zur ehemaligen Verladerampe hin, ohne dass diese sich berührten, evozierte die Vereinzelung der Opfer und bildete ein Gegenstück zur kollektiven Mobilisierung der antifaschistischen Bewegung – jede isolierte Einheit trug die Botschaft eines aufgelösten Zusammenhangs in sich.

Carl Andres minimalistische Bodenarbeiten der 1960er mögen als formaler Bezugspunkt erscheinen, doch wo Andre mit seinen „Equivalents“ industrielle Serialität zelebrierte, inszenierte Büttner deren Zerfall. Die scheinbare Aleatorik seiner Steinverteilung war präzise kalkuliert – eine komponierte Dekomposition, die den Betrachter zwang, über die verschwundenen Wege nachzudenken, die diese Steine einmal gebildet haben könnten.

Mediale Brechungen

Zwischen den Steinen hatte Büttner dreißig Schwarz-Weiß-Fotografien platziert, der Witterung schutzlos preisgegeben. Diese dokumentierten den Mahngang zum fünfzigsten Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Jüdinnen und Juden, zeigten allerdings keine direkten Gewaltzeugnisse, vielmehr Aufnahmen einer Gedenkveranstaltung – Menschen mit Schildern, auf denen Namen Deportierter standen, mal demonstrativ hochgehalten, mal achtlos in der Hand, mal als improvisierter Sonnenschutz zweckentfremdet.

Diese Integration fotografischer Dokumente in eine räumliche Installation nahm Praktiken vorweg, die erst Jahre später im Kunstdiskurs dominant werden würden – die Archivkunst eines Thomas Hirschhorn oder die dokumentarischen Strategien der späten 1990er. Doch während Hirschhorn mit seinen Altären und Monumenten eine exzessive Akkumulation betrieb, praktizierte Büttner eine Ökonomie der Reduktion. Die Fotografien funktionierten als Indizes einer bereits vermittelten Realität – Bilder von Menschen, die Zeichen tragen, die auf Abwesende verweisen, eine dreifache Distanzierung, die jede Unmittelbarkeit unterminierte.

Diese Beobachtung alltäglicher Gesten im ritualisierten Erinnerungskontext reflektierte kritisch die Institutionalisierung des Gedenkens in den 1990ern und nahm dabei Strategien vorweg, die später im Borderline Kongress 2001 in Wiesbaden diskutiert werden würden – jene Grenzgänge zwischen Kunst und Politik, Ästhetik und Aktivismus, die das etablierte Kunstsystem herausforderten, ohne in bloße Dienstleistung zu verfallen.

Gegen die Monumentalisierung

Die materielle Fragilität der Installation – unversiegelte Fotografien, die beim ersten Regen zu zerfließen drohten, lose Steine, die zur Neuordnung einluden – kontrastierte mit den monumentalen Gesten, die zeitgleich die documenta IX (1992) unter Jan Hoet noch zelebriert hatte. Während dort die „Rückkehr des Körpers“ mit neoexpressionistischen Gesten gefeiert wurde, entwickelte Büttner eine Ästhetik der Absenz, die den heroischen Künstlergestus systematisch dekonstruierte.

Die Tradition ephemerer Kunst reicht von den Aktionen der Wiener Aktionisten über Fluxus-Events bis zu den Prozessarbeiten der 1970er, doch Büttners Ansatz folgte einer eigenen Verschwindenspoetik. Wo Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater auf kathartische Wirkungen setzte, wo George Maciunas‘ Fluxus-Aktionen spielerische Subversion praktizierten, operierte Büttner mit kalkulierter Nüchternheit, die jede spektakuläre Geste durch Monumentalverweigerung ersetzte.

Schon während der 48 Stunden ihrer Existenz begannen Besucher, die Steine umzuarrangieren – jemand formte ein Fragezeichen, andere schufen kleine Konstellationen. Diese partizipative Dimension unterlief die autoritäre Geste des fixierten Monuments und delegierte die Verantwortung der Sinnstiftung an die Betrachter, wobei Büttner das Partizipationsparadox produktiv machte – eine Form von Teilhabe, die sich von den späteren „relationalen“ Praktiken eines Rirkrit Tiravanija oder Liam Gillick durch ihre Präsenzdemontage unterschied, keine einladende Geste der Inklusion, vielmehr eine Aufforderung zur Auseinandersetzung mit historischer Geschichtsentropie.

Der Ort als Statement

Büttners Integration vor Ort gefundener Objekte – Metallteile, Glasscherben, industrieller Abfall – etablierte eine temporale Spannung zwischen historischer Referenz und gegenwärtiger Situation, wobei der Schlachthof als Installationsort hochgradig aufgeladen war. Diese site-specificity ging über die Ortsbezogenheit der Minimal Art hinaus – wo Michael Ashers institutionskritische Interventionen die Mechanismen des Kunstbetriebs offenlegten, wo Daniel Burens gestreifte Banner die Neutralität des White Cube demontierten, arbeitete Büttner mit den historischen Sedimenten eines Ortes, der gleichzeitig Metapher industrialisierter Vernichtung und konkreter sozialer Raum war.

Der Schlachthof als Heterotopie im Foucault’schen Sinne – ein Ort, der alle anderen Orte in Frage stellt – wurde bei Büttner zum Resonanzraum historischer und gegenwärtiger Gewalt. Sechs Jahre später würde der Borderline Kongress genau hier zum Nexus künstlerisch-politischer Debatten werden, doch Büttners Installation hatte bereits 1995 das Terrain sondiert und markiert.

Kritik der Totalisierung

Die Arbeit formulierte eine implizite Kritik an der Totalisierungstendenz deutscher Erinnerungskultur – jener Vollständigkeitslogik, die paradoxerweise die bürokratische Gründlichkeit der Vernichtung zu reproduzieren drohte. Während die documenta-Institution noch an großen Erzählungen festhielt und die Skulptur Projekte Münster den öffentlichen Raum als neutrales Terrain behandelten, setzte Büttner eine Ästhetik der Lücke, des Provisorischen, der eingestandenen Unzulänglichkeit.

Diese Position resonierte mit poststrukturalistischen Theoremen der Dekonstruktion, ohne in akademische Selbstreferenzialität zu verfallen. Jacques Derridas Konzept der différance – jene Bewegung der Verschiebung und Aufschub, die niemals in Präsenz aufgeht – materialisierte sich in Büttners zerstreuten Steinen, die weder Weg noch Nicht-Weg waren, sondern die Spur einer Unmöglichkeit markierten. Die zerstreuten Pflastersteine verweigerten sich der tröstlichen Vorstellung eines abgeschlossenen Kapitels und insistierten auf der Präsenz der Katastrophe im Jetzt – eine Gedächtnisarchitektonik, die sich radikal von den konsensualen Tendenzen unterschied, die das Kunstfeld der 1990er zunehmend prägten. Der Temporalbruch, den Büttners Installation markierte, machte Geschichte als permanente Gegenwart erfahrbar.

Ephemere Widerstände

Büttners temporäre Intervention am Wiesbadener Schlachthof entwickelte eine alternative Erinnerungsgrammatik, die ihre eigene Vorläufigkeit zum konstitutiven Element erhob. Die „Installation für den öffentlichen Raum Nr. 1“ war tatsächlich eine Nummer eins – ein Anfang, der keine Fortsetzung suchte, ein Prototyp ohne Serie, eine Setzung, die sich selbst widerrief. Diese paradoxe Geste machte die Arbeit zu einem singulären Moment in der Kunstproduktion der mittleren 1990er.

Die Weigerung, sich den dominanten Paradigmen zu fügen – weder der institutionellen Kunst noch dem politischen Aktivismus, weder der Dienstleistungsästhetik noch dem autonomen Kunstwerk – positionierte Büttners Arbeit in einem Zwischenraum, der erst Jahre später theoretisch gefasst werden würde. Was Nicolas Bourriaud später als „relationale Ästhetik“ theoretisieren würde, was die documenta 11 (2002) als „Plattformen“ inszenieren würde, was der Diskurs um „künstlerische Forschung“ artikulieren würde – all diese Entwicklungen fanden in Büttners Installation einen eigenwilligen Vorläufer, der ihre Aporien bereits vorwegnahm.

Die Installation operierte jenseits der Dichotomie von autonomer Kunst und politischem Aktivismus, die das Kunstfeld der Zeit strukturierte, und fand eine eigene Form kritischer Artikulation. Diese Verweigerung falscher Alternativen, diese Insistenz auf der Unauflösbarkeit der Widersprüche, machte Büttners Arbeit wegweisend für eine Kunstpraxis, die ihre eigene Bedingtheit reflektiert, ohne in Selbstbezüglichkeit zu erstarren, die politisch agiert, ohne zur Illustration zu verkommen, die Geschichte thematisiert, ohne sie zu monumentalisieren.

Büttners „Nr. 1“ bleibt in ihrer radikalen Konsequenz unerreicht – eine Installation, die den öffentlichen Raum besetzte, um ihn freizugeben, die Erinnerung evozierte, um deren Unmöglichkeit zu markieren, die Partizipation ermöglichte, um Vereinzelung zu demonstrieren. Eine wirkliche Nummer eins, die keiner zweiten bedurfte, weil sie in ihrer singulären Geste bereits alles gesagt hatte, was zu sagen war – und gerade im Verstummen ihre anhaltende Eloquenz behauptet.

Literatur und Quellen

Primärquellen

  • Büttner, SaschaWiesbadener Raum. Manifest/Handbuch. Testfeld zur Erforschung von Bezugs- und Wertesystemen in der Kunst. BoD – Books on Demand, Norderstedt 2019. ISBN: 978-3-7357-2003-0 Das retrospektiv verfasste Kompendium versammelt Dokumentationen und Reflexionen zu Büttners künstlerischem Werk der 1990er Jahre, darunter die „Installation für den öffentlichen Raum Nr. 1“. Als Appropriationskunst deklariert, verfremdet die Publikation bewusst ihre Quellen.
  • Magiros, Angelika: „Kurzer Eindruck der ‚Installation für den öffentlichen Raum Nr. 1′“, Marburg, August 1995 [unveröffentlichtes Manuskript] Zeitgenössische Beobachtung einer Politikwissenschaftlerin, die die Installation während ihrer Präsentation erlebte und deren Bruch mit konventionellen Gedenkformen analysierte.

Sekundärliteratur zur Gedenkkultur und ephemerer Kunst

  • Gerz, Jochen / Shalev-Gerz, EstherMahnmal gegen Faschismus. Cantz/Hatje Verlag, Stuttgart 1993Dokumentation des wegweisenden Counter-Monuments in Hamburg-Harburg (1986-1993), das durch seine planmäßige Versenkung neue Standards für partizipative Gedenkkunst setzte.
  • Young, James E.: „The Counter-Monument: Memory Against Itself in Germany Today“. In: Critical Inquiry18/2, 1992, S. 267-296 Grundlegender theoretischer Text zur Entwicklung der Counter-Monument-Bewegung in Deutschland, mit Fokus auf Gerz/Shalev-Gerz und Hoheisel.
  • Sternfeld, Nora: „Counter-Memorials and Para-Monuments“. In: HFBK Hamburg (Hrsg.): Conference Counter-monuments and Para-monuments: Contested Memory in Public Space, Hamburg 2021 Aktuelle Bestandsaufnahme der Gedenkkultur-Debatten mit Bezug auf die Tradition der 1980er/90er Jahre.

Interventionistische Kunstpraxis

  • Zinggl, Wolfgang (Hrsg.)WochenKlausur. Gesellschaftspolitischer Aktivismus in der Kunst. Springer, New York 2001. ISBN 3-211-83414-5 Dokumentation der ersten zehn Jahre der 1993 gegründeten Künstlergruppe, deren soziale Interventionen das Kunstfeld nachhaltig prägten.
  • Babias, Marius (Hrsg.)Im Zentrum der Peripherie. Kunstvermittlung und Vermittlungskunst in den 90er Jahren. Verlag der Kunst, Dresden/Basel 1995. ISBN 978-3-364-00315-3 Enthält Jörg Heisers Analyse der Wohlfahrtsausschüsse und ihrer Position zwischen Kunst und Politik.
  • Wohlfahrtsausschüsse (Hrsg.)Etwas Besseres als die Nation – Texte und Materialien zur Abwehr des gegenrevolutionären Übels. Edition ID-Archiv 1994. ISBN 3-89408-038-8 Selbstdokumentation der antifaschistischen Initiativen, die ab 1992 kulturelle Interventionen gegen Rassismus organisierten.

documenta IX und Kunstkontext der 1990er

  • documenta IXKassel, 13. Juni-20. September 1992 – Katalog in drei Bänden. Edition Cantz, Stuttgart 1992. ISBN 3-89322-380-0 Offizielle Dokumentation der von Jan Hoet kuratierten Ausstellung mit ihrem Fokus auf Körperlichkeit und sinnliche Erfahrung.
  • Kulturamt der Stadt Kassel/documenta Archiv (Hrsg.)Documenta 1-9 – Ein Focus auf vier Jahrzehnte Ausstellungsgeschichte 1955-1992. CD-ROM, CIS GmbH, Kassel/Würzburg 1997. ISBN 3-89322-934-5Umfassende digitale Dokumentation der ersten neun documenta-Ausstellungen.
  • Farenholtz, Alexander / Hartmann, Markus (Hrsg.)Jan Hoet – Auf dem Weg zur Documenta IX. Kassel/Ostfildern-Ruit 1991. ISBN 3-89322-240-5 Einblicke in die kuratorische Konzeption und Vorbereitung der documenta IX.

Theoretische Kontexte

  • Daniels, Dieter: „Künstlerische Praxis des politischen Gedenkens heute als ‚Realitäts-Test‘ für zeitgenössische Kunst“. In: Orte, die man kennen sollte, HGB Leipzig 2012 Analyse aktueller Tendenzen der Gedenkkultur und ihrer Konfliktpotenziale im öffentlichen Raum.
  • Rist-Stadelmann, C.Ephemere Kunst im musealen Spannungsfeld von Kunst und Architektur: am Beispiel des Kunsthauses Bregenz. Dissertation, Technische Universität Wien 2015 Systematische Untersuchung temporärer künstlerischer Interventionen an Kunstinstitutionen.
  • Rupnow, Dirk: „Die Routinen des Gedenkens. Zum Wandel der deutschen Erinnerungslandschaft“. In: Ders.: Aporien des Gedenkens. Wallstein Verlag, Göttingen 2016 Kritische Bestandsaufnahme deutscher Erinnerungskultur nach 1990.

Anmerkung zur Quellenlage

Die „Installation für den öffentlichen Raum Nr. 1“ von Sascha Büttner ist trotz ihrer wegweisenden Position in der ephemeren Gedenkkunst der 1990er Jahre kaum dokumentiert. Jenseits der Selbstdokumentation des Künstlers und zeitgenössischer Augenzeugenberichte existiert keine systematische kunsthistorische Aufarbeitung. Diese Lücke in der Forschung steht symptomatisch für die Herausforderungen ephemerer Kunstpraxis – ihre Flüchtigkeit entzieht sich der institutionellen Archivierung und akademischen Kanonisierung.