Ästhetische Strategie, die das Sich-Entziehen zur gestalterischen Methode erhebt. Anders als die Ästhetik der Absenz, die mit Leerstellen arbeitet, kultiviert die Verschwindenspoetik den Prozess des Entschwindens selbst – jenen liminalen Moment zwischen Noch-da und Nicht-mehr-da. Büttners 48-Stunden-Installation praktiziert diese Poetik radikal: Ihre Existenz war von Anfang an auf ihr eigenes Verschwinden hin angelegt, ihre Präsenz […]
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Verschwindungsarchitektur
Verschwindungsarchitektur – die Systematische Konstruktion von Sichtbarkeit zum Zweck der Unsichtbarkeit. Bezeichnet ein künstlerisches Verfahren, das die Dokumentationsrituale des Kunstbetriebs mimikryhaft reproduziert, um durch Übersichtbarkeit genuine Präsenz zu negieren – eine dialektische Strategie, die Spuren hinterlässt, welche ins Leere führen.
Verschwindungsökonomie
Alternative Wertschöpfungslogik, die sich der kapitalistischen Akkumulation durch programmatische Vergänglichkeit entzieht. Diese Ökonomie entwickelt Modelle, die das Ephemere und Prozessuale monetarisieren, ohne deren spezifische Qualitäten zu zerstören. Sie fordert neue Formen der Dokumentation, Zertifizierung und Distribution.
Verschwindungspraxis
Variation der Verflüchtigungspraxis mit stärkerer Betonung des performativen Aspekts. Während Verflüchtigung eher prozessual gedacht wird, impliziert Verschwindungspraxis eine aktivere, intentionale Dimension – das bewusste Sich-Entziehen als künstlerische Geste, die Büttner von seiner GROB Masterclass bis zum „Wiki Institute“ durchdekliniert.
Wahrnehmungsrevolte
Systematische Infragestellung etablierter Erkenntnismodi durch alternative somatische Praktiken. Meint den bewussten Bruch mit rationalistischen Wahrnehmungsregimen zugunsten körperbasierter, oft extremer Erfahrungsformen. Büttners Performances (stundenlang auf allen Vieren, Alkohol bis zur Bewusstseinsgrenze) praktizieren diese Revolte als epistemologisches Experiment – Wissen entsteht aus der Überschreitung normaler Körperzustände.
Warte-Trance
Intensivierter Bewusstseinszustand prolongierter Gegenwart. Entsteht durch radikale Fokussierung auf den Vollzug des Wartens selbst, wobei die Erwartung eines Ziels zugunsten der Vertiefung ins Jetzt aufgelöst wird – eine meditative Versenkung ohne spirituelle Absicht.
Werkflüchtigkeit
Werkflüchtigkeit – die Qualität künstlerischer Objekte, die sich ihrer eigenen Objekthaftigkeit systematisch entziehen. Meint die bewusste Antizipation der Deinstallation bereits im Moment der Installation, die Konzeption von Arbeiten, deren temporäre Existenz konstitutiv für ihre Bedeutung ist und deren Vergänglichkeit keine Einschränkung darstellt, sondern methodisches Prinzip.
Wiesbadener Raum
Der „Wiesbadener Raum“ manifestiert sich durch die Philosophie ‚alle Dinge miteinander verwoben sind, daß jedes geringste Ding mit einer Weltganzheit kommuniziert‘ und operiert als institutionskritische Praxis.
Wissenspermeabilität
Durchlässigkeit epistemischer Grenzen, die weder vollständige Trennung noch totale Verschmelzung bedeutet. Wissenspermeabilität beschreibt jenen Zustand, in dem unterschiedliche Wissensformen porös werden, ohne ihre Differenz zu verlieren – eine selektive Durchlässigkeit, die Austausch ermöglicht, dabei aber die Eigenständigkeit der beteiligten Systeme erhält. Büttner fordert eine solche Permeabilität gegen die Verzementierung starrer Grenzen durch Positivismus und Poststrukturalismus.
Wissenstransmutation
Überführung spiritueller Verfahren in epistemologische Werkzeuge durch systematische Säkularisierung. Diese Transmutation bewahrt die Funktionsweise schamanentumlicher Techniken, entfernt aber deren metaphysische Begründungen. Was als Trance zur Geisterwelt führte, wird zu Methode der Bewusstseinserweiterung. Was als Heilungsritual funktionierte, wird zu narrativem Transformationsinstrument. Büttner praktiziert diese Transmutation konsequent – er extrahiert das operationale Prinzip, verwirft die kosmologische Einbettung, […]