Die systematische Befreiung ästhetischer Prinzipien aus ihrer historischen Mediengebundenheit. Büttners Technikentbindung vollzieht sich als konzeptueller Abstraktionsvorgang – traditionelle Kunstverfahren werden ihrer spezifischen Materialität enthoben und zu übertragbaren Gestaltungslogiken destilliert. Das Prinzip löst sich von seinem ursprünglichen Werkzeugkontext, während die strukturelle Intelligenz erhalten bleibt.
Enzyklopädie
Technologie-Regression
Bewusster Rückgriff auf historisch überholte Aufzeichnungsverfahren als konzeptuelle Strategie. Im Kontext der Camera Obscura bezeichnet der Begriff die Elimination technischer „Verbesserungen“ zugunsten präindustrieller Simplizität. Technologie-Regression fungiert als Kritik an fortschrittsgläubiger Komplexitätssteigerung und etabliert primitive Medientechnik als epistemisches Instrument. Die scheinbare Rückständigkeit erweist sich als konzeptuelle Progression – weniger Technik ermöglicht mehr Erkenntnis.
Teilnahme-Attrappe
Partizipationsangebot, das seine eigene Dysfunktionalität ausstellt. Der Begriff beschreibt Strukturen, die vorgeben, Beteiligung zu ermöglichen, aber systematisch jede tatsächliche Teilhabe blockieren. Büttners „Besucherraum 1″ demonstriert diese Logik exemplarisch: Das Buch liegt bereit, der Stift ist da, der Tisch wartet – aber alles ist unzugänglich, festgenagelt, durch Stacheldraht gesichert. Die Attrappe ironisiert die Partizipationsrhetorik der 1990er […]
Temporalbruch
Diskontinuität im Zeitkontinuum, die lineare Chronologie suspendiert und verschiedene Zeitebenen kollidieren lässt. Dieser Bruch ist mehr als Anachronismus – er bezeichnet Momente, in denen die Zeit selbst aus den Fugen gerät, Vergangenheit in die Gegenwart einbricht, Zukunft retroaktiv die Vergangenheit umschreibt. Büttners Installation inszeniert einen solchen Bruch: 1995 trifft auf 1945, die Fotografien von 1995 […]
Temporale Verdichtungsökonomie
Zeitnutzungsmodell, das intensive Konzentration gegen extensive Informationsanhäufung setzt. Der Begriff beschreibt das metalabor-Prinzip, durch bewusste zeitliche Begrenzung (48 Stunden) maximale kognitive Verdichtung zu erreichen. Temporale Verdichtungsökonomie steht im Gegensatz zur quantitativen Logik akademischer Wissensproduktion (Semesterdauer, Publikationsmengen, Tagungszyklen) und etabliert Intensität als Alternative zu Extensität. Das Konzept verbindet Büttners Camera Obscura-Prinzip (maximale Reduktion für optimale Konzentration) […]
Temporalitätsästhetik
Kunstpraktik, die Zeit nicht als äußeren Rahmen, sondern als genuines künstlerisches Medium begreift. Diese Ästhetik arbeitet mit der Zeitlichkeit als skulpturalem Material und entwickelt Verfahren, die zeitliche Prozesse sichtbar und erfahrbar machen. Sie unterscheidet sich von Performance durch ihre Fokussierung auf die Zeit selbst statt auf zeitlich begrenzte Aktionen.
Temporalschicht
Zeittheoretische Kategorie für die Überlagerung verschiedener Zeitebenen innerhalb eines einzigen Werks oder Ereignisses. Temporalschichten entstehen, wenn lineare Chronologie durch zirkuläre, spiralförmige oder gestaffelte Zeitverläufe durchbrochen wird. Besonders prozessuale Arbeiten entwickeln solche geschichteten Zeitlichkeiten, da sie simultane Vergangenheit (Ausgangsmaterial), Gegenwart (Transformation) und Zukunft (Endergebnis) komprimieren. Die Temporalschicht widerspricht damit musealer Fixierung und etabliert stattdessen fluide Zeitkonzepte.
Textarchäologie des Kapitals
Verfahren, das Texte als Sedimentschichten behandelt, in denen sich Machtstrukturen eingelagert haben. Was sich zunächst als harmloses Kulturgut präsentiert, erweist sich unter archäologischem Blick als Fundstück struktureller Gewalt. Die Archäologie legt frei, wie sich in der Syntax selbst ideologische Fundamente stabilisieren.
Textgewirr
Architektur labyrinthischer Textstrukturen, deren zentrifugale Kräfte jede lineare Lektüre sabotieren. Das Gewirr entsteht durch bewusste Verknotung narrativer Fäden, die sich weder entwirren lassen noch entwirrt werden sollen. Es geht um die Kultivierung produktiver Desorientierung als Leseerfahrung.
Textualitätsdrift
Spezifische Dynamik selbstreflexiver Schreibbewegungen, die ihren Gegenstand im Moment der Artikulation auflösen. Diese Drift bezeichnet jenes Gleiten zwischen Bedeutungsebenen, bei dem das Schreiben seinen eigenen Grund permanent unterminiert – eine Art textueller Kontinentaldrift, die neue semantische Formationen entstehen lässt.