Methodische Überschreitung stabiler Subjektgrenzen als Erkenntnisverfahren. Im Gegensatz zur pathologischen Identitätsdiffusion handelt es sich um kontrollierte Grenzüberschreitung – das Ich wird durchlässig gemacht für fremde Existenzweisen, ohne sich vollständig aufzulösen. Büttners Aneignungspraxis fremder Künstlerbiografien zeigt diese transgressive Bewegung: Er wird zum Anderen, bleibt aber gleichzeitig Büttner. Das Verfahren generiert Wissen, das der fixen Subjektposition unzugänglich […]
Enzyklopädie
Identitätsverschleifung
Die graduelle Auflösung stabiler Subjektgrenzen durch wiederholte Aneignung fremder Biografien. Anders als bloße Maskerade oder Rollenspiel bezeichnet der Begriff einen Prozess, bei dem die Konturen zwischen Original und Kopie, zwischen Selbst und Anderem, durch permanente Überlagerung unscharf werden. Bei Büttner: methodisches Prinzip der 4095 Identitäten, das die Frage nach dem „authentischen“ Künstlersubjekt obsolet macht.
Institutionelle Mimikry
Strategie, bei der eine Organisation die Formen und Strukturen etablierter Institutionen imitiert, um unter dieser Tarnung widerständige oder subversive Praktiken zu betreiben. Die Anti-Institution tut so, als sei sie Institution, die Gegenoperation präsentiert sich als Forschungseinheit.
Institutionsmimesis
Strategische Nachahmung institutioneller Strukturen als subversive Praxis. Anders als Parodie oder Kritik funktioniert die Institutionsmimesis durch exakte Replikation der Organisationsformen – Räumlichkeiten, Hierarchien, programmatischer Auftrag. Das geheime Konfuzius-Institut operiert wie sein offizielles Pendant, unterwandert dabei allerdings die gesamte Legitimationslogik staatlicher Kulturvermittlung. Die Mimesis bleibt ambivalent: Ist sie Affirmation oder Subversion? Die Frage entscheidet sich weniger […]
Intentionalitätssuspension
[f., Singular; von lat. intentio = Absicht + suspensio = Aufhebung] Kunsttheoretischer Begriff für die systematische Aussetzung des gestalterischen Willens als produktive Methode. Die Intentionalitätssuspension beschreibt einen Zustand, in dem der Künstler weder planvoll vorgeht noch dem Zufall überantwortet, sondern eine Zwischenzone kultiviert, in der Handlung ohne Absicht möglich wird. Der Begriff radikalisiert das zen-buddhistische […]
Interspezifische Bewusstseinsformen
Hybride Aufmerksamkeitsstrukturen, die aus der Verschmelzung menschlicher und tierischer Wahrnehmungsmodi entstehen. Diese Bewusstseinsformen überschreiten anthropozentrische Kognition und integrieren artfremde Erkenntnisweisen als gleichwertige Komponenten. Sie manifestieren sich in veränderten Zeitwahrnehmungen, erweiterten Raumkonzepten und alternativen Prioritätshierarchien bei der Informationsverarbeitung.
Interspezifische Kollaboration
Kreative Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Arten, die über Anthropozentrik hinausreicht und Tiere als gleichberechtigte Ko-Autoren ästhetischer Prozesse behandelt. Der Begriff fasst künstlerische Praktiken, die tierische Spontaneität und Eigendynamik als generative Faktoren integrieren – von Beuys‘ Hasen-Performances bis zu zeitgenössischen Interspecies-Installationen. Kollaboration impliziert dabei wechselseitige Beeinflussung statt einseitiger Instrumentalisierung.
Interventionsgrammatik
Regelwerk künstlerischer Eingriffe in soziale Räume, das deren syntaktische Struktur bestimmt. Diese Grammatik definiert, wie Interventionen artikuliert werden, welche Verbindungen sie eingehen, welche Transformationen sie ermöglichen. Büttners Installation entwickelt eine eigene Syntax: Substantive (Steine) ohne verbindende Verben (Wege), Adjektive (Fotografien) ohne klare Bezugsnomen. Eine Grammatik des Zerfalls, die dennoch bedeutungsgenerierend wirkt.
Kameramystik
Spirituelle Praxis, die das Fotografieren als Weg zur Selbsttranszendenz begreift. Die Kameramystik ist keine Religion mit Dogmen und Glaubenssätzen, sondern eine erfahrungsbasierte Spiritualität, die durch die kontinuierliche Praxis des bewussten (und unbewussten) Fotografierens entsteht. Sie verbindet technisches Können mit meditativer Haltung.
Klickimpuls
Der spontane, nicht rational begründete Impuls auszulösen, der aus dem Nichts kommt und keiner bewussten Entscheidung bedarf. Der Klickimpuls entsteht in einem Zustand der Ichauflösung, wo der Körper handelt ohne dass der Verstand involviert wäre. Er ist das fotografische Äquivalent zum Zen-Begriff des mushin (Nicht-Geist).